Könnten die Wände im Narrenturm sprechen, hätten sie vieles zu erzählen. Die meisten Geschichten wären freilich nichts für schwache Nerven. 1784 eröffnet, waren hier einst „Geisteskranke“ untergebracht; Menschen, die vor dem Rest der Bevölkerung weggeschlossen werden mussten. Die hier, in diesem beeindruckenden Rundbau, gut versteckt hinter dem Alten Allgemeinen Krankenhaus (heute Universitätscampus), bis 1869 ihr Dasein fristen mussten. Eingesperrt in Zellen, manchmal sogar ans Bett gefesselt und in Zwangsjacken gesteckt. Schreitet man die Gänge des Narrenturms heute entlang, vorbei an den massiven Zellentüren, glaubt man noch, ihr leises Wimmern zu vernehmen. Auch, wenn es meistens nur der Wind ist, der durchs alte Gemäuer bläst ...
Doch obwohl heute keine psychisch Kranken mehr hier leben, ist der Narrenturm nach wie vor kein Ponyhof. Seit 1971 ist hier die heute mit rund 50.000 Exponaten größte pathologisch-anatomische Sammlung der Welt untergebracht, für alle Besucher öffentlich zugänglich. Am besten mit einer spannenden Führung des Sammlungsleiters Eduard Winter. Die Gänge und Zellen sind voll mit Präparaten, die Fehlbildungen und Krankheiten aller Art zeigen, mit deren Hilfe Studenten und Ärzte damals wie heute Krankheiten erforschen und so die Medizin weiter entwickeln konnten. Mittlerweile melden sich sogar Menschen direkt bei den Verantwortlichen und bieten an, Teile von sich nach ihrem Tod in die Sammlung aufzunehmen. Vielleicht ist das die speziell Wienerische Variante, für immer in Erinnerung zu bleiben ...